Freiwillige Feuerwehr Wandsbek-Marienthal

Für Sie im Einsatz.

Informationen

30 Jahre Einsatz in der 1. Alarmfolge

Mitten in der Nacht werde ich von einer lauten und aggressiven Melodie geweckt:

„Tiie-Diiie-Tiie-Diiie-Tiie-Diiie-Tiie-Diiie…!“

Ach Mensch, der blöde Pieper!

Schlaftrunken meldet sich meine Frau von der Seite: „Was’n los?“

Ein schneller Blick auf das Display: „Da steht FEU – also wohl ein Feueralarm…!“

Nun aber mal los! Gut, dass die Feuerwehr-Klamotten schon an einem vorbereiteten Ort auf mich warten!

Erst die Socken, dann in die Hose und zum Schluss das dunkelblaue Sweatshirt überstreifen… Verflixt, falsch rum… Egal, da sind die Schlüssel und jetzt ganz schnell die Treppe runter zum Auto!

Die Fahrt zum Gerätehaus klappt wie am Schnürchen, es ist ja tiefste Nacht und ich habe die zahlreichen Ampeln voll auf meiner Seite: durchweg grüne Welle!

Zusammen mit einigen anderen Kameraden treffe ich auf den Hof unseres Gerätehauses ein. Super, jemand hat die Tür bereits schon aufgesperrt und somit geht es gleich nonstop durch den Gang in die Remise.

Und nun rein in die Stiefel, die Einsatzhose aus TELED-Material ist bereits kunstvoll über die Schäfte gestülpt und braucht nur noch hochgezogen werden – so, wie es die Feuerwehrleute überall auf der ganzen Welt machen! Nur keine Zeit verlieren!

Nur noch schnell die TELED-Jacke übergeworfen, den Feuerwehrhelm, die Atemschutzmaske und den Breitgurt gegriffen und dann rauf auf das Löschfahrzeug Typ Mercedes Benz LAF 1113 – ab geht die Post!

Mit blitzenden Blaulichtern jagen wir durch die Nacht. Der bereits an der Einsatzstelle eingetroffene Löschzug 21 der Berufsfeuerwehr gibt schon über den Sprechfunk eine erste Rückmeldung an die Leitstelle durch: „Von der Einsatzstelle: leichte Verqualmung aus einem Fenster im 1. Obergeschoss, ein C-Rohr in Vorbereitung!“

Zwei Minuten später sind wir dann auch am Ziel. Unser Gruppenführer meldet über das Handfunkgerät die Ankunft beim Zugführer 21 an und wir bekommen gleich postwendend den Auftrag, auf dem Fahrzeug in Bereitstellung zu bleiben.

Nach kurzer Zeit quakt es wieder aus dem Funkgerät: „Vom Zug 21 und FF, brannte Essen im Topf, ein kleines Löschgerät und eine Person mit Rauchgasinhalation ins Krankenhaus verbracht. Abspannen! Unterschrift Zugführer.“

Abspannen – dieses eine Wort aus der längst vergangenen Zeit der Pferdefuhrwerke heißt im Klartext: Feuer aus und keine weiteren Kräfte mehr erforderlich!

Nun aber schnell wieder abmelden, einrücken, ab nach Hause und rasch zurück unter die warme Bettdecke, ein paar Stunden sind ja noch von der Nacht übrig…

So ungefähr wird es den „alten Hasen“ noch in Erinnerung geblieben sein, als die Freiwillige Feuerwehr Wandsbek-Marienthal zum 01. August 1994 gegründet wurde und damit auch postwendend in die sogenannte „1. Alarmfolge“ eingetreten war.

1. Alarmfolge bedeutet, dass eine der aktuell 86 Freiwilligen Feuerwehren einen eigenen festgelegten Ausrückebereich (Revier) hat und somit bei einem Notruf umgehend zusammen mit der Berufsfeuerwehr oder auch allein zur Schadensabwehr alarmiert wird.

Aber das war bis zu diesem Moment bei weitem nicht so…

Der Doppelname „Wandsbek-Marienthal“ verrät es so manchen gewiss schon: die Neugründung entstand aus der Fusion von zwei bereits existierenden Freiwilligen Feuerwehrwehren (FF).

Auf der einen Seite stand dabei die FF Wandsbek und auf der anderen Seite die FF Marienthal. Und deren Geschichte begann jeweils im Jahre 1972 des vorigen Jahrhunderts:

Mit der Auflösung des sogenannten Luftschutzhilfsdienstes (LSHD) gingen in diesem Jahr die einzelnen Einheiten der Fachdienste in die verschiedenen Organisationen des neu aufgestellten Katastrophenschutzes über.

So entstand damals aus einem Zug der Luftschutz-Sanitätsbereitschaften des LSHD auch die neugegründete FF Hammerbrook, die letztendlich Anfang der neunziger Jahre aufgrund eines Standortwechsel in FF Marienthal umbenannt wurde. Während dieser Zeitspanne gehörte neben den elementaren Aufgaben der Feuerwehr, wie zum Beispiel der Brandschutz und die Technische Hilfeleistung, auch die Versorgung der Einsatzkräfte mit Speisen und Getränken bei sogenannten Großschadenslagen – eine sehr hoch angesehene und ehrenvolle Aufgabe! Dafür stand der Wehr neben den üblichen Löschfahrzeugen anfangs auch ein spezieller Gerätewagen und ein Feldkochherd zur Verfügung.

In dieser Zeit verfügte die FF Marienthal aber noch nicht über einen eigenen Ausrückebereich, weil die meisten Kameraden nicht innerhalb der geforderten fünf Minuten am Gerätahaus sein konnten. Somit erfolgte eine Alarmierung meistens erst ab der sogenannten 3. Alarmstufe oder bei Ausnahmezuständen durch Unwetter aller Art.

Doch Mitte der neunziger Jahre bot sich nach einem erneuten Umzug in ein weiteres Gerätehaus schlagartig eine einmalige Gelegenheit, etwas daran zu ändern…

Genau wie die FF Hammerbrook/Marienthal ging ebenfalls im Jahre 1972 aus einer geschlossenen Einheit des damaligen LSHD die FF Wandsbek hervor, in diesem Fall aus einem Fernmeldezug.

Und genau diese eine Aufgabe erfüllten die Wandsbeker noch gut 20 Jahre danach bis zur Auflösung der bestehenden Einheiten des Katastrophenschutzes. Dazu gehörte auch die Bereitschaft zur Besetzung des Befehlswagen (Einsatzleitwagen der Feuerwehr Hamburg) über einen Monat immer abwechselnd mit den anderen sechs Fernmeldewehren.

Die Endphase des Vergangenen Jahrhunderts brachte den Deutschen nicht nur die langersehnte Vereinigung beider damals existierenden Staaten, sondern auch eine geradezu unheimliche Entspannung in der ganzen Welt – Begriffe wie Glasnost und Perestroika waren dabei in aller Munde.

Und gerade diese weltweite Endspannung führte dazu, dass dem Katastrophenschutz in Deutschland eine nie dagewesene Welle der Auflösung widerfuhr, die auch nicht vor dem Fernmeldezug der FF Wandsbek haltmachte. Und so mussten drei der fünf Fernmeldefahrzeuge für immer abgegeben werden. Aber dafür stand dann zum ersten Male in der jungen Geschichte der FF Wandsbek ein Löschfahrzeug in der Remise – eine der Maßnahmen für eine sogenannten Kommunalisierung mit Einbindung in den Brandschutz.

Aber nicht nur das Löschfahrzeug gab es zu dieser Zeit neu: ein Umzug von einer Unterkunft am Maienweg führte zur Kattunbleiche in ein „neues“ Gerätehaus mitten in Wandsbek, und zwar in eine alte Feuer- und Rettungswache, und das in direkter Nachbarschaft zur FF Marienthal…

Nun also trafen zwei Wehren aus der 3. Alarmstufe in einem gemeinsamen Gerätehaus aufeinander und nach einer kurzen Zeitspanne keimte eine alles entscheidende Frage auf: Warum nicht einfach die Wehren zusammenlegen und mit geballter Kraft den Sprung in die 1. Alarmfolge mit eigenem Ausrückebereich wagen?

Gesagt, getan!

Nachdem die Angelegenheit über alle notwendigen Instanzen der Freiwilligen Feuerwehr Hamburg und der zuständigen Ämter beantragt, geprüft und letztendlich abgesegnet war, wurde am 01. August 1994 die Freiwillige Feuerwehr Wandsbek-Marienthal mit über 50 Mitgliedern gegründet und der Übertritt in die 1. Alarmstufe vollzogen.

Ab jetzt mussten sich die Feuerwehrleute an ungewohnte Alarmierungs-Szenarien wie zum Beispiel FEUK (Feuer klein), FEUBMA (Feuermeldung durch  Brandmeldeanlage) oder auch FEUY (Feuer Menschenleben in Gefahr) gewöhnen, was aber natürlich auch gelang und nach einer kurzen Zeit auch zur Gewohnheit werden sollte.

Dazu kam natürlich noch eine breite Palette an Technischen Hilfeleistungen aller Art und in Summe kamen dabei mit der Zeit weit über 200 Alarmierungen pro Jahr heraus.

Und zur Erfüllung dieser Aufgaben zum Wohle des Bürgers sollte dann auch nicht die stetige Erneuerung von Ausrüstung nicht zu kurz kommen: in den vergangenen 30 Jahre ging die persönliche Schutzkleidung über die gummierten TELED-Klamotten und den NOMEX-Anzügen bis hin zu den heute gebräuchlichen V-FORCE-Dress über.

Aber auch im Fahrzeugbestand gab es mehrmals etwas Neues in die Remise:

– im Jahre 2001 ein neues Löschfahrzeug LF 16/12

– im Jahre 2005 ein neues Löschfahrzeug LF 16 KatS

– im Jahre 2023 ein neues Löschfahrzeug HLF 20 als Ersatz für das LF 16/12 aus 2001

Zu der Hauptaufgabe im Brandschutz und der Technischen Hilfeleistung „erbte“ die FF Wandsbek-Marienthal auch die Sonderaufgaben im Fernmeldewesen. Im Rahmen der Kommunalisierung wurde die Zuständigkeit für die Besetzung des Befehlswagen der Berufsfeuerwehr als mobile Einsatzleitung neu geregelt und die Wandsbeker Fernmelder waren ab dann für den Bereich von drei Feuerwachen im Osten von Hamburg zuständig, und das auch noch bis heute…

Auch in dieser Sonderaufgabe gab es im Verlauf der vergangenen drei Jahrzehnte stetig Neuerungen, aber auch Änderungen.

Zum Zeitpunkt startete die Wehr mit einem ehemaligen Geräte- und Betriebskraftwagen (GBKW) des Katastrophenschutzes, der durch einige selbst durchgeführte Umbauten zu einem Gerätewagen Fernmeldetechnik (GW-FM) aufgewertet wurde.

Dieses Fahrzeug diente nicht nur zum Transport der 6-Köpfigen Besatzung für eine Besetzung des Befehlswagens, sondern transportierte auch noch so Allerlei an zusätzlichem Material und Gerät zum Betrieb einer mobilen Befehlsstelle.

Im Jahre 2008 erfolgte dann endlich der lang ersehnte Generationswechsel in der Fahrzeugtechnik, und zwar mit der Indienststellung von sieben neuen GW-FM aus einer Beschaffungsserie des Technischen Hilfswerkes. Eines dieser Fahrzeuge, als Träger für einen Fernmeldebetriebsraum und der umfangreichen Funk-, Fernsprech- und IT-Technik, gelangte natürlich auch zur FF Wandsbek-Marienthal. Nur wenige Monate später stieß noch ein aufklappbarer sogenannter Anhänger Führung und Lage dazu. Somit stand der Wehr ab nun das Equipment für eine komplette Führungsstelle mit insgesamt 18 Arbeitsplätzen zur Verfügung.

Einsätze gab es für dieses Gespann reichlich, zum Beispiel

– zweimal Befehlsstelle für die Technische Einsatzleitung beim Alster-Eisvergnügen

– Befehlsstelle für das Elbe-Hochwasser 2012

– Gestellung von örtlichen Befehlsstellen bei Veranstaltungen, zuletzt bei der EURO 2024

– mehrmalige Teilnahme bei Groß-Übungen

– und natürlich zahlreiche Alarmierungen zum Befehlswagen!

Kam es dabei früher mehr auf die Fernmeldetechnischen Fertigkeiten und auf die Nachrichtenübermittelung auf dem Funkwege oder Telefon an, so reicht das heutige Aufgabenspektrum auch in die Themen Informationsbeschaffung und Aufklärung hinein.

Aus diesem Grund wurde die FF Wandsbek-Marienthal neben allen anderen Wehren mit der Sonderaufgabe Fernmeldetechnik mit professionellen Drohnen ausgestattet.

Und dafür kann die Wehr aktuell auf ein gutes Kontingent top ausgebildeter und hoch motivierter Piloten zurückgreifen.

Allzeit bereit – wie immer in der 1. Alarmfolge über die vergangenen 30 Jahre.

Zu jeder Jahreszeit, zu jeder Tageszeit, zu jeder Art von Hilfeleistung: Immer für die Bürger unserer Stadt da!

Als einer der noch wenigen Aktiven in der Wehr konnte ich die gesamte bisherige Zeitspanne seit der Gründung der FF Wandsbek-Marienthal am 01. August 1994 durchweg miterleben.

Ich kann mich unter anderem noch sehr gut an die ersten Einsätze eben in der 1. Alarmfolge erinnern, deshalb kam mir in den Sinn, diesen Artikel mit den Eindrücken genau aus dieser Zeit zu beginnen…

Aber irgendwann kommt der Punkt, bei der nach einer aufregenden Zeit der Bereitschaft und des Dienstes der verdiente Übertritt in die Ehrenabteilung der Freiwilligen Feuerwehr Hamburg ansteht – bei mir wird es in zwei Jahren nunmehr auch soweit sein.

Aber wie in anderen Organisationen auch rücken viele hoch motivierte und engagierte junge Frauen und Männer nach, um einen wichtigen Beitrag für die Sicherheit unserer Stadt zu leisten! Und das ist auch gut so!

Wer sich noch etwas tiefgründiger mit der bewegten Geschichte der FF Hammerbrook/Marienthal, der FF Wandsbek und auch der FF Wandsbek-Marienthal beschäftigen möchte, den möchte ich hiermit auf die ebenfalls in dieser Homepage verfügbaren Chronik verweisen.

Thomas Menschel

Hamburg, 01. August 2024

Geschichtliche Quelle:

Chroniken der FF Wandsbek, FF Marienthal und der FF Wandsbek-Marienthal von OBM Claus Tiedemann (Hamburger Feuerwehrhistoriker)

Bilder: OBM Claus Tiedemann (Hamburger Feuerwehrhistoriker)